Ich war immer introvertiert und habe immer das soziale Theater gespielt (Schule, Hochschule, Arbeit…). Ich habe mich entschieden, dass es belastend ist und habe kein Bock, das weiter zu machen: Ich kann nicht mehr vortäuschen, dass ich mich um Menschen kümmere, die mich langweilen.
Ich bin Pflegekraft, habe einen unbefristeten Vertrag, Probezeit abgelaufen, bin Mitglied einer Gewerschaft.
Ich überlege, woanders im Haus versetzt zu werden, weil meine Arbeitskollegen kindisch sind, über Unwichtigkeiten reden und überzeugt sind, mir einen Gefallen zu tun, indem sie mich zwingen, mit ihnen zu reden.
Sie belasten mich und fühlen sich beleidigt, wenn ich in meiner Pause lese oder mit ihnen nicht rede. Ich möchte arbeiten und nach Hause gehen.
Ist das beruflicher Selbstmord?
Dein Schreibstyl kam mir bekannt vor. Ich habe mir deshalb erlaubt deine Post-Historie durchzulesen und siehe da, vor einigen Wochen hast du eine ähnliche Frage gestellt, auf die ich auch geanwortet habe.
Scheinbar hat sich ja die Situation mit deinen Kollegen nicht gebessert. Ich kann dir nur raten mal in dich zu gehen und genau zu erkunden ob du nur introvertiert bist, oder ob sich das zum anti-sozialen Verhalten zuspitzt. Arbeiten tut so gut wie jeder im Team. Wenn du dich dem Teamgedanken verschließt bist du das Problem. Wenn du kein Problem damit hast dich kollegial zu verhalten aber dein Team zu anstrengend ist, dann ist es doch eine super Idee sich versetzen zu lassen. Erwähne das als Motivation aber auf keinem Fall in einem Vorstellungsgespräch.
Im Prinzip stimme ich deiner Antwort zu. Einzig …
[…] oder ob sich das zum anti-sozialen Verhalten zuspitzt
Du hast technisch recht. Ich mache den Fehler bewusst, da der Begriff “asozial” derweilen zu negativ konotiert ist. Wenn du jemand das an den Kopf haust ist die Person meiner Erfahrung nach automatisch beleidigt und du kannst den Rest des Gesprächs knicken.
Fairer Einwand!
Nein, und ich wuerde dazu noch dazu raten diese normalverteilte Persoenlichkeitsdimension nicht zur kompletten Identitaet zu erheben. In der Richtung liegt nichts Gutes und stattdessen oft eine Form von “Andere=eindimensionale Parodien einer Person; ich=vielschichtige, ozeanische Seele”. Gern kombiniert damit, dass eben genau null Versuche unternommen wurden mal anderen zuzuhoeren, wenn die von ihrem Innenleben erzaehlen wuerden.
Nix gegen eher introvertierte Leute - der Circlejerk um die falsche Dichotomisierung herum haengt mir nur zum Hals raus.
kompletten Identitaet zu erheben, ich=vielschichtige, ozeanische Seele
lolwut? Beruhige dich
wieso so viel Aggressivität gegen Introvertierten?
Du hast komische Ideen über Menschen, die nicht viel reden und es ist klar, du hast nur den Titel des Posts gelesen hast und nicht den Inhalt. Ich würde dich bitten, selbst zu reflektieren und viel weniger anzunehmen, bevor du tiradierst.
Siehst du wirklich nicht, dass dein zweiter Absatz dem widerspricht, was du im ersten geschrieben hast?
Warum glaubst du, dass alle Introvertierte gleich sind?
“Ich überlege, woanders im Haus versetzt zu werden, weil meine Arbeitskollegen kindisch sind, über Unwichtigkeiten reden und überzeugt sind, mir einen Gefallen zu tun, indem sie mich zwingen, mit ihnen zu reden.” Geht schon was in die Richtung, ist aber nicht notwendigerweise da.
Aber auch: “wieso so viel Aggressivität gegen Introvertierten?” Da ist keine. Mir gehts nicht um Leute die eher inro- statt extravertiert sind. Mir gehts um Leute die es zu einer spezifischen Form von Identitaet erheben und dann gern auch extravertiertes Verhalten als dumm o.Ä. abwerten. Sowas: https://themindsjournal.com/wp-content/uploads/2019/02/my-brain-aches.jpg
“Warum glaubst du, dass alle Introvertierte gleich sind?” Sind sie eben nicht. Das ist Teil der Praemisse meiner Antwort.
Klingt für mich nicht als Introvertiertheit. Eher als generelle Ablehnung sozialer Interaktion, mit einem guten Teil Arroganz und Überlegenheitsgefühl. Kurz gesagt asoziale Tendenzen (das Wort wird oft als Beleidigung benutzt, das ist nicht so gemeint, sondern in seiner ursprünglichen Bedeutung).
Introvertierte schätzen oft ihre Mitmenschen und setzen sie nicht so herab. Sie Schätzen auch Interaktionen, solange sie sie nicht durch Anzahl und Dauer überbelasten und sie einen Rückzugsort zur Erholung haben.
Wichtige und richtige Unterscheidung, die ich meinen Mitmenschen oft erklären muss. Bei intro- bzw. extrovertiert sein geht es in erster Linie um den eigenen Energie-Haushalt. Die sozialen Kompetenzen spielen da die 2te Geige. Introvertierte neigen eher zu sonderbaren Verhalten weil manchmal die Übung fehlt, aber es besteht keine grundlegende Abneigung anderen Mitmenschen gegenüber.
Zudem ist es auch kein binärer Zustand, wo man nur das eine oder andere sein kann. Jeder ist beides, nur unterschiedlich ausgeprägt.
Wenn die Batterien leer gehen und man trotzdem weiter in soziale Situationen “gezwungen” wird, dann kann sich das durchaus wie bei OP äußern. Kann natürlich auch noch andere Ursachen haben aber introvertiert sein heißt ja nicht, dass man ständig nett ist.
Könnte auch eine Persönlichkeitsstörung sein. In dem Fall wohl aber keine dissoziale Persönlichkeitsstörung (antisocial personality disorder), da diese mehr in Richtung soziopathie geht. Es gibt aber auch einige andere in denen man sich mit sozialen Kontakten und gesellschaftlichen Normen schwer tut.
Allerdings können introvertierte Menschen durchaus auch so reagieren, wenn sie sich zu oft sozialen Situationen ausgesetzt fühlen. Da können natürlich auch noch andere Stressfaktoren hinzukommen aber wenn man nicht in der Lage ist sich seinen Abstand zu nehmen dann schlägt das eben auch aufs Gemüt. Und in solchen Fällen kann jeder entsprechend abwertend genervt reagieren.